Liebe Mitglieder der ADB,
heute darf ich die Tradition des Jahreswortes der ADB fortführen. Dies geschieht bedauerlicherweise aus einem nicht erfreulichen Anlass, denn unserem langjährigen Bundesvorsitzenden Holger Gebert wurde in einer unwürdigen Art und Weise gekündigt. Ich möchte mich daher hier für sein unermüdliches Engagement für bessere Arbeitsbedingungen in der staatlichen Straffälligen-Fürsorge in Deutschland ausdrücklich bedanken. Wir haben Holger im Mai 2023 bei der Bundesdelegiertenversammlung würdig verabschiedet und ihm u.a. für sein jahrzehntelanges ADBEngagement und den Aufbau der Bewährungshilfe in Potsdam gedankt. Holgers Leidenschaft hat auch mich angesteckt und dazu bewogen, mich in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer zu engagieren. Ich danke ihm für die gute Einarbeitung in die Vorstandsarbeit und die stetige Betonung der Wichtigkeit von Haltung in unser aller gemeinsamen Profession, der Sozialen Arbeit.
Ich möchte mich aber auch für Euer Vertrauen bedanken, welches Ihr mir bei der Wahl zum Bundesvorsitzenden geschenkt habt. Es sind große Fußstapfen, in die ich trete und ich freue mich auf die Herausforderungen in den kommenden Jahren.
Zum Ende des Jahres 2023 möchte ich mit Euch gerne einen ADB-bezogenen Rückblick wagen: Der viel besprochene Zeitenwandel ist uns allgegenwärtig und hat erste Auswirkungen in unserem beruflichen Handeln nach sich gezogen. In Nordrhein-Westfalen waren Stellenkürzungen angedacht, in Schleswig-Holstein durften zeitweise durch die Haushaltssperre keine Fahrtkosten abgerechnet werden. Dies hatte zur Folge, dass z.B. Fortbildungen und Proband:innen nicht mehr besucht werden konnten. Ihr kennt ähnliche Beispiele, ggf. aus Euren Bundesländern. Auch durch das ehrenamtliche Engagement der Landesarbeitsgemeinschaften in den genannten Bundesländern konnten diese Dinge abgewendet werden. Berufspolitisches Engagement ist also lohnenswert!
Wie Euch sicherlich bekannt ist, haben die Mittelkürzungen auch auf Bundesebene keinen Halt gemacht. Dem DBH-Fachverband droht weiterhin eine Kürzung seiner Mittel. Wir haben den Fachverband mit einer Stellungnahme dabei unterstützt, ebendiese abzuwenden. Im gleichen Atemzug wurden die Gelder für unsere lange geplante Neuauflage der Lebenslagenuntersuchung der Proband:innen in Deutschland nicht bewilligt. Wir bleiben aber trotzdem am Ball – eine Neubeantragung ist geplant!
Ich möchte an dieser Stelle auch Hartmut Weber, dem Vorsitzenden des Verbandes der Sozialen Dienste in der niedersächsischen Strafrechtspflege (VDS), für die Einladung zum 50. Jubiläum danken. Dort durfte ich ein Grußwort sprechen und die tollen Kolleg:innen aus Niedersachsen kennenlernen. Die jahrelange berufspolitische Arbeit der Mitstreitenden hat Früchte getragen. Die Abkehr von der risikoorientierten Bewährungshilfe ist sogar im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Es zeigt uns allen:
Berufs-, kriminal- und professionspolitische Arbeit lohnt sich!
Ich freue mich auf die kommenden gemeinsamen Treffen mit Euch. Nach unseren Begegnungen habe ich immer das gute Gefühl, meine „professionellen“ Batterien aufgetankt zu haben. Mir blieb aus dem Besuch in Niedersachsen vor allem ein kollegiales Gespräch in Erinnerung. Die Kollegin erzählte mir eine Anekdote aus ihrer Arbeit. Sie hatte eine junge Frau unter Bewährung und fragte diese, was sie gerne im Leben erreichen wollen würde. Die Probandin entgegnete daraufhin ziemlich misstrauisch, dass sie das noch niemand gefragt habe und meinte, dass sie ihr Lebensziel sowieso nie erreichen werde. Sie wollte schon immer Tierärztin werden. Durch die kreative und motivierende Arbeit der Kollegin nahm die Probandin ein Praktikum in einer Tierarztpraxis auf. Dort ist sie mittlerweile angestellt und so sehr aufgeblüht und mit ihren Aufgaben gewachsen, dass sie als Kollegin nicht mehr wegzudenken ist. Für mich ist genau das Bewährungshilfe.
Anlässlich der kommenden Gesamtbundesvorstandssitzung in Nürnberg (07.-09.03.2024) blicke ich dieser Art von Austausch mit Vorfreude entgegen.
Mit kollegialen Grüßen
Thomas Fetting
Bundesvorsitzender