Das Thema Sicherheit im Arbeitskontext der Bewährungshilfe wurde in den vergangenen Jahren immer wieder innerhalb der Bewährungshilfe sowie in der Fachöffentlichkeit punktuell beleuchtet und erörtert. Leider geschah dies allerdings oftmals in Folge von teils schwerwiegenden Sicherheitsvorfällen und Übergriffen zum Nachteil von Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfern. Auch zuletzt wurden durch die mediale Öffentlichkeit in Bayern sowie Vorfälle im Land Schleswig-Holstein wieder Diskussionsprozesse über die Sicherheit im Berufsalltag der Bewährungshelferinnen und –helfer angestoßen. Dabei wurde deutlich, dass die Bewährungshilfen in Schleswig-Holstein über kein Sicherheitskonzept und nur rudimentäre Ausstattung zur Erhöhung des Sicherheitsempfindens sowie einer Alarmierung in Notsituationen verfügen.
Ein solches Sicherheitskonzept muss nach unserer Auffassung grundlegend die Abläufe und Alarmierungs- bzw. Meldewege in und nach Sicherheitsnotfällen definieren, welche mit entsprechend im Konzept zu benennender Sachausstattung ermöglicht werden müssen.
Dabei scheint es aus Praktikabilitätsgründen von Vorteil, ein Grundkonstrukt zu definieren, auf dessen Grundlage in den einzelnen Dienststellen im Land individuelle Abläufe definiert werden sollten. Die infrastrukturelle und personelle Ausstattung der Dienststellen der Bewährungshilfen variieren teils sehr stark voneinander, sodass eine allgemeingültige Regelung im Detail nicht umsetzbar erscheint.
Ein grundlegendes Sicherheitskonzept sollte unter anderem in Abgrenzung zur Arbeitssicherheit eine Definition von Sicherheitsvorfällen (bspw. Brand, Bombendrohung, verbale oder körperliche Übergriffigkeit eines Probanden), eine darauf angepasste Alarmierungs- und Meldekette sowie ein Leitfaden für das Handeln der betroffenen und anwesenden Kolleginnen und Kollegen beinhalten. Des Weiteren sollte im Nachgang eines Vorfalls ein genormtes Unterstützungsangebot für betroffene Kolleginnen und Kollegen unter Beteiligung der Verwaltungen, Personalräte und ggfs. Beratungsstellen definiert werden. Die Zuständigkeiten und Ansprechbarkeiten bei möglichen Strafanträgen gegen übergriffige Probanden sowie die Abläufe bei möglichen Hausverboten sollten innerhalb der Verwaltungen geklärt und festgeschrieben seien.
Die Möglichkeit einer fortlaufenden Auskunftssperre der Meldedaten für Bewährungshelferinnen und –helfer sollte durch die Landgerichtsverwaltungen sichergestellt werden.
Die Sachausstattung der Bewährungshilfen sollte grundsätzlich fortlaufend auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit geprüft werden. Dabei spielen aus unserer Sicht unter anderem die Raumausstattung in den Dienststellen (adäquate Gesprächssituation und Fluchtmöglichkeit, gesonderte Besprechungsräume, separater Wartebereich) und ein geordnetes Besuchermanagement eine wichtige Rolle.
Zudem sind eine Videoklingelanlage zwecks eines kontrollierten Zugangs von Besuchern in den Dienststellen sowie ein Notrufsystem zur Alarmierung von Kolleginnen und Kollegen und ggfs. externen Notrufempfängern als grundlegend zu erachten.
Für die mobile Alarmierung im Rahmen von Hausbesuchen oder Außenterminen bedarf es zudem eines bei einem Sicherheitsdienstleister aufgeschalteten mobilen Notrufsystems mit Ortungsfunktion per GPS und der Möglichkeit einer genauen Ortsangabe des Termins. Dabei sollte sowohl eine Direktalarmierung, als auch eine Zeitablaufs-Alarmierung möglich sein. Auf die Erfahrungswerte aus anderen Bundesländern wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen sollte aufzubauen sein. Für die Erhöhung eines Sicherheitsempfindens und die zeitnahe Unterstützung im Bedarfsfall sollten aus unserer Sicht regelmäßige Abstimmungen mit den örtlich zuständigen Stellen der Justizwachtmeisterei sowie Polizeidienststellen zur Koordinierung der Abläufe und Zugangsmöglichkeiten zu den Dienststellen geben. Regelmäßige Sicherheitsbegehungen und –fortbildungen könnten beispielsweise durch die entsprechenden Fachkräfte der Justizwachtmeisterei in Anspruch genommen werden.
Neben den bestehenden Deeskalationsfortbildungen sollten hierzu auch wiederkehrende Selbstverteidigungsfortbildungen zählen. Zur weiteren Beleuchtung und Ergründung des Themenkomplexes Sicherheit in der Bewährungshilfe scheint aus unserer Sicht eine systematische und einheitliche Erfassung sicherheitsrelevanter Vorfälle im Land zwingend erforderlich. Hierzu sollten unterschiedliche Kategorien von Vorfällen definiert und erhoben werden, um mögliche subjektive Parameter des Erlebens am besten objektiveren zu können. Ultimativ sollte die Festschreibung, dass ein Sicherheitskonzept für die Einrichtungen der Bewährungshilfe zu erstellen ist, in den Standards der Leistungserbringung in der Bewährungshilfe normiert werden. Des Weiteren sollte in den Standards ebenfalls die Beachtung sicherheitsrelevanter Aspekte in der Fallverteilung innerhalb der Bewährungshilfe, wie auch Kriterien für eine Beendigung der Betreuungsarbeit aus Sicherheitsgründen festgeschrieben werden.
Als Landesarbeitsgemeinschaft der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer in Schleswig-Holstein begrüßen wir, dass es in den einzelnen Landgerichtsbezirken erste Initiativen zur Erstellung von Sicherheitskonzepten unter Beteiligung der Kolleginnen und Kollegen gibt. Gleichwohl fordern wir hier eine rasche Vorgehensweise sowie eine stabile Finanzierung der Sach- und Fortbildungsausstattung der benötigten Mittel. Für den weiteren Diskurs stehen wir Ihnen als LAG sehr gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Göckritz
Landessprecher der LAG Schleswig-Holstein