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Forderung einer jährlichen Bundesstatistik der Strafrechtspflege (Bewährungshilfe/Führungsaufsicht) in Deutschland

 

Forderungen an die Deutsche Bundespolitik

nach der Gesamtbundesvorstandssitzung (GBVS) der Arbeitsgemeinschaft Deutscher

Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer e.V. in Nürnberg (07.03.2024 – 09.03.2024).

 

I. Forderung einer jährlichen Bundesstatistik der Strafrechtspflege (Bewährungshilfe/Führungsaufsicht) in Deutschland.

Die bisher nicht vorhandene jährliche Bundesstatistik der Strafrechtspflege in Deutschland stellt einen auffallenden Mangel an grundlegenden Erkenntnissen im Bundesgebiet dar. Darüber hinaus gibt es weiterhin keine aktuellen Erkenntnisse über die Lebenslagen der

Proband:innen im Bundesgebiet.

 

II. Forderung eines einheitlichen Standards zur digitalen Akte in der Bewährungshilfe in Deutschland

Bei der bundesländerübergreifenden Zusammenarbeit (Amtshilfeersuchen) der Bewährungshilfen scheint eine Übermittlung der E-Akte an andere Bundesländer mit den aktuellen Fachanwendungen kaum möglich.

 

III. Forderung einer jährlichen Bundesstatistik zu sicherheitsrelevanten Vorfällen in der Bewährungshilfe

Derzeit besteht eine eklatante Forschungslücke zur persönlichen Sicherheit im beruflichen Alltag von Bewährungshelfer:innen in Deutschland. Aus den unterschiedlichen Bundesländern sind verschiedenste Sicherheitskonzepte bekannt, jedoch bleiben die

Erkenntnisse über die Wirksamkeit aus. Durch diese transparente Bundesstatistik könnten die Erkenntnisse erheblich zu einer Reduzierung von sicherheitsrelevanten Vorfällen beitragen. 

 

IV. Forderung einer Veränderung Bundesmeldegesetzes §51

Die Implementierung einer Auskunftssperre für Bewährungshelfer:innen, aus beruflichen Gründen, erscheint überfällig und wird dringend angeraten.


Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Deutscher

Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer (ADB e.V.)

 

zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz: Entwurf eines

Gesetzes über die Statistiken der Strafrechtspflege des Bundes

(Strafrechtspflegestatistikgesetz – StrafStatG)

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer (ADB e.V.) bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Referentenentwurf des StrafStatG.

Wir begrüßen die lange angezeigte Initiative, eine gesetzliche Grundlage für eine bundeseinheitliche Strafrechtspflegestatistik zu schaffen, und unterstützen das Ziel, aussagekräftige Daten über alle Phasen des Strafverfahrens bereitzustellen. Nur auf Basis

belastbarer Daten können wissenschaftliche Forschung, evidenzbasierte Kriminalpolitik und praxisorientierte Weiterentwicklungen effektiv ineinandergreifen.

 

Im Folgenden möchten wir wesentliche Punkte hervorheben, die aus Sicht der ADB e.V. von besonderer Relevanz sind. Dabei führen wir die aus unserer praktischen Arbeit  gewonnenen Erfahrungen zusammen und formulieren spezifische Forderungen zur Verbesserung der statistischen Erfassung im Bereich der Bewährungshilfe und Führungsaufsicht. Die folgenden Verbesserungsvorschläge wurden in Arbeitsgruppen während der letzten Bundesdelegiertenversammlung in dem Wissen zusammengetragen, dass zahlreiche Bundesländer eine umfangreiche Datenermittlung betreiben. Diese sollte bundesländerübergreifend zusammengetragen werden, um den gesamten Prozess einer justiziellen Intervention bundesweit zu erfassen.

 

I. Forderungen zur Statistik über Führungsaufsicht

Die Führungsaufsicht ist ein wesentliches Instrument zur Resozialisierung und Kontrolle von Personen mit ungünstiger Sozialprognose nach Verbüßung von Haftstrafen oder anderen stationären Maßnahmen. Aus unserer Sicht sind folgende Erhebungsmerkmale notwendig, um die Wirksamkeit und die Herausforderungen der Führungsaufsicht nachvollziehbar darzustellen:

 

1. Rechtliche Grundlagen und Anordnungen:

  • Grund der Anordnung und Grund bei nicht Anordnung

 

2. Erfassung der Dauer und Beendigungsgründe:

  • Anzahl neuer und beendeter Unterstellungen
  • Erfassung der angeordneten Dauer, einschließlich etwaiger Verkürzungen, Verlängerungen oder unbefristeter Anordnungen.
  • Gründe für die Beendigung der Führungsaufsicht

 

3. Weisungen:

  • Art und Anzahl der erteilten Weisungen (z. B. Meldeauflagen, Therapieanordnungen)
  • Einbindung von Forensisch-Psychologischen Fachambulanzen und Anbindung an Polizeibehörden oder Landeskriminalämter (LKA).
  • Strafbewehrung der Weisungen (ja/nein)

 

4. Straftaten während der Führungsaufsichtszeit:

  • Erfassung von Straftaten, die während der Führungsaufsicht begangen wurden, einschließlich Angaben zu den eingeleiteten Verfahren

 

5. Statistiken zur Lebenssituation der Betroffenen:

  • Veränderungen in den Bereichen Wohnen, Finanzen, Arbeit, familiäre Situation, Gesundheit, Migration und Führerscheinstatus

 

6. Strafanträge:

  • Anzahl der gestellten Strafanträge sowie deren Begründung
  • Anzahl der rechtskräftigen Verurteilungen folgend aus Strafanträgen

 

II. Forderungen zur Statistik über Bewährungshilfe

Die Bewährungshilfe stellt eine zentrale Maßnahme im Rahmen der  ambulanten Resozialisierung dar. Wir fordern die Einführung einer bundesweiten Bewährungshilfestatistik mit folgenden Merkmalen:

 

1. Dauer und Verlauf der Bewährungszeit:

  • Erfasste Dauer der Bewährungszeit, inklusive Verlängerungen und Verkürzungen
  • Gründe für vorzeitige Straferlasse

 

2. Bewährungsunterstellung:

  • Bewährungsunterstellung, bzw. Begründung, warum keine Unterstellung als notwendig erachtet wird

 

3. Weisungen und Auflagen:

  • Art der erteilten Weisungen und Auflagen (z.B. therapeutische Auflagen für Sexualstraftäter:innen, Teilnahme an sozialen Trainingskursen)
  • Änderungen und Anpassungen von Weisungen während der Bewährungszeit

 

4. Lebenssituation der Betroffenen:

  • Erfassung der Lebensumstände der Proband:innen zu Beginn und Ende der Bewährung in den Bereichen Wohnen, Finanzen, Arbeit, familiäre Situation, Gesundheit, Führerscheinstatus und ausländerrechtliche Situation

 

5. Übergangsmanagement und Nachbetreuung:

  • Maßnahmen zur Entlassungsvorbereitung (mit oder ohne Planung)
  • Anbindung an Hilfsnetzwerke und Übergangsmanagement nach der Haft

 

6. Straftaten während der Bewährung:

  • Erfassung neuer Straftaten, die während der Bewährungszeit begangen wurden, inklusive Art der Straftaten und Sanktionen

 

7. Spezifische Betreuungssituationen:

  • Tandem-Betreuungen
  • Betreuung von Extremismusfällen
  • Proband:innen mit gesetzlicher Betreuung

 

III. Forderungen zur Statistik über Gnadenaufsichten

Die zu erhebenden Daten sollten sich an den Forderungen zum II. orientieren.

 

IV. Schlussbemerkung

Die ADB weist darauf hin, dass eine umfassende Datenerhebung im Bereich der Führungsaufsicht und Bewährungshilfe eine statistisch untermauerte Datengrundlage darstellt, die dazu führt, praxisorientierte Verbesserungen anzustreben und wissenschaftlich fundierte Entscheidungen zu ermöglichen. Die vorgeschlagene Erweiterung und Detaillierung der Statistik trägt dazu bei, den Erfolg und die Herausforderungen von ambulanten Maßnahmen wie Bewährungshilfe und Führungsaufsicht mit Zahlen zu belegen, hierdurch sowohl sichtbar als auch vergleichbar zu machen. Eine dementsprechende Würdigung in einem extra Paragrafen sehen wir als zielführend an. 

 

Uns sind die Stellungnahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V. (BAG-S) und des DBH Fachverbandes bekannt und werden ausdrücklich unterstützt. Insbesondere unterstützen wir die Ausführungen des DBH Fachverbandes zum § 4 Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe h Doppelbuchstabe aa: 

"[…] Die Eintrittsgründe in die Bewährungsunterstellung sind vielfältig und

sollten in einer Bundesstatistik abgebildet werden, da diese dabei helfen können,

über den Erfolg der Bewährungszeit Auskunft zu geben. […]".

Weiterführend unterstützen wir insbesondere die Vorschläge der BAG-S zur

Einführung einer Statistik zur Resozialisierung: „[…] Eine Resozialisierungsstatistik

würde nicht nur den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht

werden, sondern auch eine wertvolle Grundlage für kriminalpolitische

Entscheidungen schaffen. […]“.

 

Wir danken für die Berücksichtigung unserer Anregungen und stehen für

weiterführende Gespräche gerne zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen

Im Namen des Bundesvorstandes

Thomas Fetting

Bundesvorsitzender